Ein ganz gewöhnlicher Werktag am Mittwoch am internationalen Tag gegen den Lärm: Claudia Batke, die am Nieferner Enzberg wohnt, kann sich vor ihrem Haus nur schreiend mit ihrem Bruder Roland Fillips unterhalten – so laut dröhnt der Krach der Laster und Autos von der Autobahn hinüber. Das Wohngebäude steht völlig ungeschützt rund 15 Meter neben der A 8. „Der Rasenmäher ist leiser als der Verkehrslärm von der Autobahn“, sagt Roland Fillips. Täglich sind es rund 90 000 Fahrzeuge, die dort zwischen Eutingen und Niefern den Enzberg passieren und den Anwohnern den Nerv rauben.
Manchmal hilft nur Ironie
Claudia Batke bleibt da nur noch Ironie: „Wir könnten Partys bis zum Umfallen feiern, laute Musik spielen, und der Autobahnlärm wäre immer noch stärker.“ Ihre Nachbarin Britta Wahner ist vor 13 Jahren an den Enzberg gezogen und hat seither erlebt, wie der Lärm von Jahr zu Jahr stärker wurde: „Früher war es nachts leiser, auch tagsüber war es nicht so laut wie heute.“
Sie bleibt skeptisch, als sie die Meldung hört, Verkehrsminister Ramsauer wolle mehr Geld für den Lärmschutz an den Bundesfernstraßen ausgeben. Seit 30 Jahren warten die Anwohner der Autobahn im Enztal darauf, dass die Straße modernisiert wird.
„An diesem Tag des Lärms sollten wir daran denken, dass Menschen an der A8 wohnen und einen Lärmschutz verdienen, der sich nicht nur an rechtlich festgelegten Grenzwerten orientiert“, sagt Niefern-Öschelbronns Bürgermeister Jürgen Kurz zu Regierungspräsident Rudolf Kühner, der im Landratsamt mit den Rathauschefs aus dem Enzkreis über Dauerbrenner der Kommunalpolitik spricht. Kurz ist nicht zufrieden mit den Überlegungen der Straßenplaner für den sechsspurigen Ausbau. Das Land müsse den geplanten Deckel am Enzberg von 380 auf rund 800 Meter verlängern. Das aber lehnt Kühner ab: „Wir haben das untersucht, diese Variante ist erheblich teurer, bringt aber wenig beim Lärmschutz.“ Noch hofft Kurz „auf einen sinnvollen Kompromiss“.
„Die Bürger dort haben das Wort“
„Überall wurde bisher beim Ausbau der A 8 zwischen Karlsruhe und Stuttgart etwas für die Anwohner getan“, sagt Kurz. Dass am A 8-Aufstieg Richtung Wurmberg nicht einmal Schutzwände gebaut werden sollen, will ihm nicht einleuchten.
907 Einwendungen seien bisher beim Regierungspräsidium gegen die vorgelegte Planung eingegangen, sagt Kühner: „162 individuelle Zuschriften, 591 auf einem Vordruck und 154 auf Unterschriftenlisten.“ „Die Bürger dort haben das Wort“, sagt der Bürgermeister. Wenn Egon Reiling am Kanzlerweg in Niefern-Vorort auf seinen Balkon geht, nimmt er die zwei Kilometer entfernte Autobahn als unaufhörlichen Lärmteppich wahr. „Ich wohne nun schon 49 Jahren hier, früher ging das noch, aber heute ist 24 Stunden am Tag Lärm auf der A 8“, sagt Reiling. Er will eine A 8-Brücke im Enztal. Er weiß, dass die mehr kostet. Aber: Reiling hat seine Videokamera auf dem Balkon aufgestellt und tagelang den Verkehr Richtung Wurmberg aufgezeichnet. Und dann ausgerechnet, dass man jährlich viele Millionen Euro sparen würde, wenn die Laster nicht den Berg rauf müssten. Doch wer hört auf ihn am Tag gegen den Lärm? Ralf Steinert
vom 28.04.2010
Quelle: www.pz-news.de